Unbedingt reisen, aber anders
Episode 12 – Oktober 2020
Ob vor oder nach Corona - wir reisen zu viel, zu weit, und wie wir reisen, schadet dem Klima. Das wissen wir seit langem und tun es doch immer wieder. Warum das so ist, welche historischen Wurzeln das Reisen hat, wer überhaupt reisen kann und warum - das zeigen wir auf in dieser Folge. Und zeigen Wege auf zu einem Reisen, das mehr ist als dieses «Been there, done that» des gängigen Tourismus.
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Die Hintergrundinformationen zur Episode
Die Auswirkungen des Reisens – oder besser gesagt des Tourismus – sind sozial und ökologisch eine Katastrophe. Der Tourismus trägt weltweit zu rund 8 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen bei. Laut WWF beträgt der Klimafussabdruck einer 14-tägigen All-inclusive-Mexikoreise rund 7.2 Tonnen CO2-Äquivalente. Fast 90 Prozent davon entfallen auf die Hin- und Rückreise mit dem Flugzeug, der Rest betrifft die Unterkunft, Verpflegung und Aktivitäten vor Ort. Folgt man den Berechnungen des BAFU für die Schweiz, so hat jede Schweizerin und jeder Schweizer künftig noch ein CO2-Budget von höchstens 600kg/Jahr zur Verfügung. Nur so haben wir überhaupt noch eine Chance das 1.5°C-Ziel von Paris zu erreichen. Das heisst mit einer einzigen Mexiko-Reise haben wir unser Budget bereits für 12 Jahre aufgebraucht. Das Fliegen ist laut IPCC für 3.5 Prozent der weltweiten Klimaerhitzung seit 1940 verantwortlich. Aktuell trägt es fast 6 Prozent zur Klimaerhitzung bei. Besonders in der Schweiz wäre ein Rückbau der Flugindustrie dringend nötig. Zwischen 1995 und 2015 hat sich die Zahl der Flugpassagiere in der Schweiz von 25 Millionen auf 50 Millionen pro Jahr verdoppelt. Schweizer und Schweizerinnen tragen übers Fliegen noch viel mehr zur Klimakrise bei als Menschen in anderen Ländern: Wir fliegen doppelt so viel, wie unsere Nachbarinnen und Nachbarn in Italien, Frankreich oder Deutschland. Kein Wunder, beträgt der Anteil des Luftverkehrs am Klimaeffekt bei uns rund 20 Prozent. Und dieser Beitrag zur Klimakrise ist sehr ungleich verteilt: Haushalte der höchsten Einkommensklasse (12`000.- pro Monat) sind rund fünfmal häufiger mit dem Flugzeug unterwegs als Haushalte der tiefsten Einkommensklasse (bis 4000.- pro Monat). Und das liegt nicht einfach an den Jobs der Besserverdienenden. Die Privatreisen fallen nämlich viel stärker ins Gewicht als die Geschäftsreisen. Das Absurde: 80 Prozent der Flüge ab der Schweiz steuern Destinationen innerhalb Europas an. Die Ziele wären also ohne Probleme auch mit dem Zug erreichbar. Und das mit bis zu 20 Mal weniger CO2-Emissionen als mit dem Flugzeug. Zumindest gibt es hier eine Erfolgsmeldung: Die SBB haben im September angekündigt, dass das Nachtzugnetz wieder ausgebaut wird. Damit der Zug jedoch wieder eine attraktive Reisalternative zum Flugzeug wird, braucht es zuerst noch eine ganze Reihe von Massnahmen zur Verteuerung des Fliegens – und nicht 1.9 Milliarden Corona-Hilfskredite ohne Umweltauflagen zur Rettung des Schweizer Flugverkehrs.