Verwirren, relativieren, verdrehen – die Lobby gegen mehr Biodiversität greift in die Trickkiste der Klimaskeptiker
Episode 57 – August 2024
Die Stärkung der Biodiversität ist immer auch Klimaschutz. Deshalb müssen Massnahmen gegen Klima- und Biodiversitätskrise gemeinsam gedacht werden. Dass dies noch viel zu wenig geschieht, wird in den aktuellen Debatten zur Biodiversitätsinitiative offensichtlich, über die die Schweiz am 22. September abstimmt. Klima- und Biodiversitätskrise haben auch argumentativ einiges gemein. Die Gegner:innen greifen nämlich in den aktuellen Debatten zur Biodiversität in die gleiche narrative Trickkiste wie bei Diskussionen zum Klimaschutz. Tatsachen werden verdreht, Probleme und mögliche Lösungsansätze relativiert. In der aktuellen Episode analysieren wir diese Strategien anhand von Aussagen des Bundesrats Albert Rösti, der sich landauf, landab für ein Nein zur Biodiversitätsinitiative stark macht. Wir ergründen mit dem Pflanzenökologen Niklaus Zimmermann, Professor für Makroökologie an der WSL und der ETH Zürich, wie es um die Biodiversität in der Schweiz tatsächlich steht. Und wir begleiten Astrid Zabel, Senior Researcherin an der Universität Bern, auf eine Reise, die zeigt, wie Biodiversität grenzübergreifend und gezielt gestärkt werden kann.
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Die Hintergrundinformationen zur Episode
Klimaschutz und Schutz der Biodiversität gehen zusammen. Bäume zum Beispiel erbringen eine Vielzahl an Ökosystemleistungen: Sie verbessern das lokale Klima, indem sie Schatten spenden und die Umgebung durch Verdunstung kühlen, sie reinigen die Luft, indem sie Staub und Schadstoffe binden. Sie tragen zum Wohlbefinden und zur Gesundheit bei und sind zusätzlich Lebensraum für Tiere, Flechten und Moose. Zudem binden sie seit Jahrmillionen Kohlenstoff und lagern diesen ein.
Das Potenzial von Biodiversität für den Klimaschutz ist riesig: Die Vermeidung von Abholzung, Torfbrand und Mangrovenzerstörung könnte in Kombination mit nachhaltigen Nutzungen und Renaturierungen bis zu 30 Prozent der Reduktion an CO2-Emissionen ausmachen, die nötig sind, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Eine Studie von 2020 zeigt zudem: Würden 15 Prozent der weltweit degradierten Flächen wiederhergestellt, könnte das erwartete Artensterben um 60 Prozent reduziert werden. Gleichzeitig würden rund 300 Gigatonnen CO2 sequestriert, also 30 Prozent des gesamten CO2-Anstiegs in der Atmosphäre seit der industriellen Revolution.
Doch dafür braucht es gezielte Massnahmen und Investitionen. Die Schweiz ist aktuell noch weit entfernt vom international vereinbarten Ziel, 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche bis 2030 zu schützen. Die Biodiversitätsinitiative würde eine willkommene Grundlage dafür schaffen, damit die Schweiz punkto Biodiversitätsschutz einen Gang zulegen müsste.