Hitze, Luftverschmutzung, Viren - die Klimakrise macht uns krank
Episode 30 – April 2022
Die Klimakrise ist auch eine Gesundheitskrise – das sagen nicht wir, sondern Millionen von Gesundheitsfachleuten auf der ganzen Welt. Wir haben für diese Episode Daten zusammengetragen, die zeigen, welche Auswirkungen die Klimakrise schon heute auf unsere Gesundheit hat und wie sich Public Health-Systeme auf neue Herausforderungen vorbereiten müssen. Dafür haben wir mit der Medizinerin und Aktivistin Sophie Gepp gesprochen. Sie schreibt derzeit ihre Doktorarbeit an der ersten Klima-Gesundheits-Professur in Deutschland, einer Kooperation der Charité Berlin mit dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Und wir haben bei der Epidemiologin Martina Ragettli vom Swiss Tropical and Public Health Institute (Swiss TPH) nachgefragt, wie sich Städte und Gemeinden heute bereits auf Hitzewellen und andere gesundheitsgefährdende Auswirkungen der Klimakrise vorbereiten können.
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Die Hintergrundinformationen zur Episode
Vor der Klimakonferenz in Glasgow (COP 26) haben 600 Organisationen, die 46 Millionen Ärzt:innen und Medizin-Fachleute auf der ganzen Welt vertreten, einen offenen Brief an Politiker:innen und Verhandlungsdelegationen geschickt, mit dem dringenden Aufruf mehr gegen die Klimakrise zu tun. Ihre Forderung: die globale Erhitzung auf 1.5°C zu reduzieren, um eine «Gesundheitskatastrophe» zu verhindern. Die Themen Gesundheit und Gerechtigkeit müssten bei der Formulierung von Klimamassnahmen eine zentrale Stellung erhalten. Die fossilen Energien und die dadurch verursachten CO2-Emissionen haben direkte Konsequenzen auf unser Wohlbefinden. Einerseits über steigende Temperaturen, denn ab 30 bis 32°C steigt das hitzebedingte Sterberisiko markant an. Aber auch über Luftverschmutzung, der gemäss WHO jährlich 7 Millionen Menschen zum Opfer fallen. Im neustes IPCC-Bericht steht, dass in der Forschung so gut wie keine Unsicherheit mehr darüber bestehen, dass die globale Erhitzung die Gesundheit von Menschen auf der ganzen Welt negativ beeinflusst – sowohl körperlich als auch psychisch. Unter anderem weil sich neue Infektionskrankheiten immer stärker ausbreiten, die ihren Ursprung in Nahrungsmitteln, in Wasser oder in zoonotischen Übersprüngen vom Tier auf den Menschen haben. Eine solche Zoonose war laut aktuellen Studien mit allergrösster Wahrscheinlichkeit die Ursache für die andauernde Covid 19-Krise. Ein Lösungsansatz, um solche Zoonosen einzudämmen ist die «One Health» – oder auch «Planetary Health». Anstatt sich auf die Symptombekämpfung durch Impfungen, Medikamente und Schutzmassnahmen zu beschränken, denken solche Gesundheitskonzepte Medizin gesamtheitlich. Unsere Gesundheit – so das zugrundeliegende Verständnis – ist direkt von der Gesundheit unserer Umwelt, deren biologischen Diversität, der Pflanzen- und Tiervielfalt und -gesundheit abhängig. Jeder Baum eines Primärwaldes, der vor der Rodung für Soja- oder Palmölmonokulturen geschützt wird, ist insofern ein direkter Beitrag zu unserer Gesundheit. Und wie eine Studie zeigt, wäre der Schutz dieser Biodiversität im Vergleich zu den Kosten einer Pandemie marginal.
Treibhaus-Redaktor Samuel Schlaefli hat kürzlich gemeinsam mit den Illustrator:innen Seraina Hügli und Lucas Pfister eine multimediale Webreportage über das Konzept der «One Health» und die praktische Anwendung zur Pandemiebekämpfung erarbeitet. Sie ist für alle frei zugänglich unter: https://onehealthstory.com/