Kompensation mit Schweizer Wald - Ein Reality Check
Episode 49 – Dezember 2023
Nach Corona fliegt die Swiss wieder. Ihre Emissionen will sie auch mit Schweizer Wäldern in den Kantonen Solothurn und Graubünden kompensieren. Baum gegen Kerosin – funktioniert das? Nein, sagt Johan Rockström, führender Klimawissenwissenschaftler und Direktor des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK): “Das ist ein riesiges Missverständnis. Was die Swiss tut, funktioniert nicht.” Doch sollen Unternehmen wie die Swiss nun Investitionen in den Wald einfach unterlassen? Haben nicht gerade sie, aufgrund ihrer enormen CO2-Emissionen, eine besondere Verantwortung? Wir wollen wissen, was zu tun ist. Ohne Schönreden und Schwarz-Weiss-Denken.
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Die Hintergrundinformationen zur Episode
Die Swiss fliegt wieder. Die Coronakrise scheint mit deutlich über 100’000 Flügen im letzten Jahr überwunden. Das generiert Profite und Emissionen. Um letztere zu kompensieren, setzt die Fluggesellschaft auch auf Schweizer Wälder in den Kantonen Solothurn und Graubünden. Baum gegen Kerosin – funktioniert das?
Nein, sagt Johan Rockström, führender Klimawissenwissenschaftler und Direktor des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Samuel Schläfli hat ihn am Rande der Falling Walls Konferenz getroffen und für den Klimawissenschaftler ist klar: “Das ist ein riesiges Missverständnis. Was die Swiss tut, funktioniert nicht.” Es gebe, so Rockström weiter, absolut keine wissenschaftliche Evidenz, dass Flugemissionen mit dem Schutz von Schweizer Wäldern oder deren Aufforstung kompensiert werden können.
Aus einer anderen Perspektive kritisiert Christian Körner, emeritierter Professor für Pflanzenökologie und Botaniker, solche Kompensationen. Er schreibt in der NZZ, dass CO2-Zertifikate für ungenutzte Waldflächen nur das Gewissen beruhigen könnten. Wenn viele Forstbetriebe dieses Geschäftsmodell anwenden würden, so Körner, müsste das fehlende Holz importiert oder die Holznutzung eingeschränkt werden – “das Gegenteil von dem, was man eigentlich möchte.” Schliesslich soll Holz als nachhaltiger Baustoff zur Erreichung der Klimaziele vermehrt genutzt werden.
Direkt mit der Nutzung von Holz konfrontiert ist der Forstingenieur Simon Tschendlik vom «Verein Wald-Klimaschutz Schweiz». Dieser setzt gerade alle Hebel in Bewegung, damit möglichst viele Waldbesitzer:innen in der Schweiz ihre Wälder zur CO2-Kompensation zertifizieren lassen. Dadurch sollen sie von zusätzlichen Geldern profitieren, die sie in eine nachhaltige Waldbewirtschaftung investieren können. Auf seiner Seite listet der Verein heute bereits 13 Waldprojekte aus der ganzen Schweiz. Tschendlik erzählte uns, weshalb er in Klimazertifikaten den einzigen Weg sieht, den Schweizer Wald langfristig zu schützen. Das klingt zwar sinnvoll, geht buchhalterisch aber nicht auf, folgt man den Grundsatzkritiken von Rockström und Körner.