Nicht die Apokalypse
Episode 14 – Dezember 2020
Manche sagen, der Kollaps des Klimas und der Zivilisation seien unvermeidlich, sie glauben an eine apokalyptische Zukunft. Andere sagen, man müsse sich die Apokalypse vor Augen halten, um zu handeln. Und wieder andere leben in einer Zeit, in der sie die Apokalypse bereits hinter sich haben, sie leben in der Postapokalypse. In dieser Ausgabe gehen wir der Frage nach, was sich hinter diesem apokalyptischen Denken verbirgt, und warum es dennoch Anlass gibt - zur Hoffnung.
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Die Hintergrundinformationen zur Episode
Gespräche über die Klimakrise drehen sich oft um die Zukunft: Was erwartet uns? Nicht selten ist die Antwort darauf düster und wenig hoffnungsvoll. Es dauert oft nicht lange, bis die Apokalypse oder apokalyptische Aussichten zur Sprache kommen. Mit Climate-Fiction, kurz Cli-Fi, sind dystopische Zukunftszenarien inzwischen sogar zu einem literarischen Genre geworden.
Hoffnung ist nicht gerade das, was auf solche Gespräche folgt. Und doch, schreibt die US-amerikanische Schriftstellerin Rebecca Solnit, sei Hoffnung die Axt, mit der in Notfällen Türen eingeschlagen werden müssen. Die Klimakrise ist ein solcher Notfall. Darin ist sich die Wissenschaft einig. Woher aber die notwendige Hoffnung nehmen, wenn der Blick in die Zukunft diese nicht unbedingt nahelegt?
Wir haben darüber mit der Basler Münsterpfarrerin Caroline Schröder Field gesprochen, die auch im Initiativkomitee einer kantonalen Klimagerechtigkeitsinitiative ist. Dabei wird klar: der theologische Begriff der Apokalypse ist eine Handlung Gottes und deshalb inmitten der Klimakrise eher eine Quelle von Trost als von Hoffnung. Dennoch hilft er an ethischen Überzeugungen festzuhalten, auch wenn in der Gegenwart vieles dagegenspricht.
Sowohl das theologische Verständnis der Apokalypse wie auch die entworfenen Szenarien im Cli-Fi liegen in der Zukunft. Über einen Ort, wo Menschen von sich sagen, dass sie bereits in der Post-Apokalypse leben, haben wir mit der Sozialanthropologin Darcy Alexandra gesprochen. Sie arbeitet zu First-Nations an der Mexikanisch/US-amerikanischen Grenze und beschreibt eine Situation, die geprägt ist von kolonialer Ausbeutung, Militarisierung der Grenze, klimatischen Veränderungen und Ressourcenausbeutung. Die Bezeichnung «Land of Open Graves», nach einem Buch von Jason De León, hat die Region geprägt. Dennoch keimt an diesen Orten auch Hoffnung und Menschen leisten Widerstand. Wir müssen einen Umgang mit den unterschiedlichen Realitäten und Kosmologien dieser Orte und der dort lebenden Menschen finden, sagt Darcy Alexandra und erzählt von einer Begegnung mit der Dichterin Natalie Diaz, die sie stark beeindruckt hat. Noch heute denkt Darcy Alexandra an Diaz’ Worte, wenn sie über die Zukunft nachdenkt.
Die Arbeit an dieser Episode hat gezeigt: Die Art und Weise, wie wir Zukunft erzählen, entscheidet massgeblich über Hoffnung in der Gegenwart. Das wiederum heisst: Hoffnung inmitten der Klimakrise ist etwas, das wir uns erarbeiten können. Dafür aber braucht es einen Twist, eine Erweiterung der Sinneswahrnehmung, Ideen für neue Gesellschaftsstrukturen.
Wir stellen deshalb im letzten Teil dieser Episode eine Auswahl von Science Fiction jenseits dystopischer Cli-Fi vor. Die vollständige Liste hier:
Matthew Warchus "Pride" (2014). BBC Films.
Kenneth Oppel "Bloom" (2020)
Aliya Witheley "The Beauty" (2014)
Larissa Lai "Salt Fish Girl" (2002)
Marion Poschman "Nimbus" (2020)